Artikel vom 31.07.2023
Fachveranstaltung zur Pflege und Gesundheit
Gesundheitsminister Holetschek in Emmerting

Mit Gesundheit und Pflege stand ein „politisches Megathema“, wie es MdB Stephan Mayer bezeichnete, am Montagabend im Saal des Gasthofs Schwarz in Hohenwart zur Diskussion. Zu Gast war Gesundheitsminister Klaus Holetschek, eingeladen vom CSU-Ortsverband Emmerting.
„Wie könnte Gesundheit und Pflege im Landkreis Altötting 2030 aussehen?“ – damit war das Fachgespräch überschrieben, konkrete Antworten gab es aber nicht wirklich.
„Wir müssen die Weichen richtig stellen“, sagte der Gesundheitsminister den 70 Zuhörern. Die Krankenhausreform befürworte er „im Kern“, forderte aber Mittel zur Stabilisierung und verneinte eine Privilegierung von Metropolregionen. Das größte Problem sei der „Arbeitskraftmangel“. Deshalb müsse man die Arbeitsbedingungen – Stichwort: Vereinbarkeit von Familie und Beruf – und die Gehaltsstruktur zum Beispiel durch steuerfreie Zulagen verbessern. Auch pflegenden Angehörigen muss geholfen werden, etwa durch Pflegezeitgeld. Die Cannabis-Legalisierung bezeichnete Holetschek als „völligen Bullshit“. Auch die ambulante und medikamentöse Versorgung müsse verbessert, die Bürokratie abgeschafft werden. Denn: „Die Hand am Kugelschreiber ist nicht wichtiger als die am Bett.“
BRK und Ärzte müssen immer noch per Fax kommunizieren
Nach seinem rund 45-minütigen Referat stellte sich Klaus Holetschek den Fragen der Zuhörer. Bezüglich Finanzierung der Pflege und Löhne in Seniorenhäusern fragte Reinhard Pillris vom BRK-Kreisverband Altötting: „Woher sollen das Geld und die Mitarbeiter kommen?“ Er forderte eine Entbürokratisierung – Stichwort: Personalbemessung (PeBeM). Der Minister verwies auf das „System der Selbstverwaltung“. Die Tarifverträge müssten refinanziert werden und für Mitarbeiter sollte es „steuerfreie Bestandteile“ geben. Die Ausbildung sollte vom Staat finanziert werden, „weil es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist“. Das PeBeM habe Vor- und Nachteile. BRK-Kreisgeschäftsführer Christian Fendt kritisierte, dass von Ärzten zu unterzeichnende Dokumente immer noch gefaxt werden. Das verstehe niemand, sagte Holetschek und berichtete, dass auch die Elektronische Patientenakte (ePA) und das E-Rezept noch nicht funktioniere.
Forderung nach „beschützender Tagespflege für Demenzkranke“
Rosmarie Lehner von der Alzheimergesellschaft und Petra Findelsberger, Heilpädagogin am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, forderten eine „beschützende Tagespflege für Demenzkranke“. Bezirksrätin Gisela Kriegl ergänzte das Postulat um ein solches Angebot für Menschen mit Behinderung. Holetschek verwies auf eine Tagespflege-Förderung des Freistaats und den Demenzfonds. Bezüglich eines Angebots für Behinderte habe er sich mit Ulrike Scharf ausgetauscht. „Eltern bekommen keine Unterstützung, das ist eine Versorgungslücke. Wir brauchen da was, Bedarf ist da.“ Eine Lösung gebe es noch nicht.
Findelsberger wies zudem auf den steigenden Anteil der Kinder hin, die unterstützt werden müssen. Ihr Appell: Fachkräfte aus dem Ausland sollten bessere Deutschkenntnisse haben, sonst würde es mit der Bildung bergab gehen. Besser wären deutsche Fachkräfte. „Voraussetzung ist Sprachniveau B1. Aber ohne ausländische Fachkräfte werden wir es nicht schaffen. Der Rückgang von sieben Prozent in der Pflegeausbildung ist eine Alarmzahl“, so der Minister.
Über verpflichtendes Soziales Jahr mit Betroffenen diskutieren
Reinhold Sterflinger, Geschäftsführer der Katholischen Erwachsenenbildung, schlug ein verpflichtendes Soziales Jahr für junge Menschen mit attraktiver Vergütung vor. Die Idee befürwortete Holetschek und ergänzte: „Darüber sollte man mit den Betroffenen diskutieren und nicht über deren Köpfe hinweg entscheiden.“
Dr. Johannes Spes, Leiter der Palliativmedizin im InnKlinikum und des Hospizvereins, merkte an, dass seit Jahren Bedarf im Hospizbereich bestehe, eine Ausweitung bei den Kostenträgern bisher aber abgelehnt worden sei. „Kommt vorbei, dann können wir gemeinsam auf die Kassen zugehen“, versprach Holetschek.
Eine Mitarbeiterin der geriatrischen Rehabilitation kritisierte den Grundsatz „ambulant vor stationär“. Multimorbide Patienten müssten wegen kurzer Liegezeiten schnell wieder nach Hause. „Wir fangen die Menschen auf, wenn sie noch nicht stabil sind.“ Auch das sei ein Thema der Pflegeversicherung, „die Sätze passen nicht, aber da können wir nicht eingreifen“, sagte Holetschek.
Pflegende Angehörige: Entlastungsbetrag soll angepasst werden
Elisabeth Jellbauer wünschte sie ein geordnetes Arbeitssystem für medizinisches Personal außerhalb des Schichtsystems. Emotional kritisierte sie – selbst pflegende Angehörige –, dass der Entlastungsbetrag für häusliche Pflege von 125 Euro nicht angepasst wird. Holetschek sprach ihr Anerkennung aus. Er befürworte die Wiedereinsteigermodelle; den Entlastungsbetrag sollte man an die Vergütungssätze anpassen, auch das müssten Pflegeversicherung und Erbringer aushandeln. Die 125 Euro sollten nicht nur für Fachkräfte, sondern auch „für die Familie“ genutzt werden, so Findelsberger. Dem stimmte Holetschek zu. Ein Einwand kam noch zum Numerus clausus (NC) beim Medizinstudium. Aufgelöst werden könne der NC nur auf Bundesebene, so Holetschek – aber „in Bayern gibt es die Landarztquote“.
Quelle: PNP v. 02.08.23